Würde man diese Plattform personifizieren, wäre sie wohl der coole Typ, der sein Ding durchzieht und sich von niemandem etwas sagen lässt – nicht mal für Geld. Sogar ein drei Milliarden Dollar Übernahme-Angebot von Facebook hat er abgelehnt. Der Dank dafür? Facebook kopiert statt zu kaufen - denn nicht nur dort, sondern auch auf Instagram lassen sich nun Funktionen finden, die sehr an diesen Typen erinnern. Wer das wohl ist? Vielleicht findest du es anhand seiner Nutzergruppe heraus.
Denn besonders in der jungen Zielgruppe hat diese Plattform einen Stein im Brett. Nachdem nun auch Mama und Papa auf Facebook unterwegs sind, suchen Jugendliche alternative Plattformen. So war es im Frühling 2016 zum ersten Mal das beliebteste Social Network unter US-Teenagern. 28 Prozent gaben an, dass es für sie das wichtigste soziale Netzwerk sei, gefolgt von Instagram, Twitter und Facebook. Auch in Deutschland wurde der Dienst zum ersten Mal 2016 bei der ARD-ZDF Onlinestudie berücksichtigt. Auch wenn es noch nicht derart erfolgreich wie in den USA ist, überholte es mit einer Nutzung von 23 Prozent unter den 14-29-Jährigen Twitter und liegt nun nach Facebook und Instagram auf Platz drei der sozialen Netzwerke.
Na? Jetzt weißt du bestimmt, wen ich meine? Natürlich Snapchat!
Das macht(e) Snapchat besonders
Somit ist klar: Wer eine jüngere Zielgruppe erreichen möchte, kommt an Snapchat nicht vorbei. Doch noch einmal einen Schritt zurück. Was macht den Dienst so besonders und was unterscheidet ihn von anderen? Ein Blick zurück in die Geschichte:
- Die Geburtsstunde – September 2011: Die App war hauptsächlich ein bildlastiger Messenger, über den man Fotos verschicken konnte, die sich nach maximal zehn Sekunden wieder löschten. Das Besondere zum damaligen Zeitpunkt: Die Snaps, also die Bilder und Videos, konnten unterschiedlich bearbeitet werden. So konnte man AR-Filter anwenden, aber auch Text, Emojis und eigene Zeichnungen integrieren - etwas, was andere Dienste nicht anboten.
- Vom Messenger zum sozialen Netzwerk – Oktober 2013: Durch die Einführung der Stories wurde Snapchat von einem reinen Messenger-Dienst zu einem sozialen Netzwerk. Jetzt war es Nutzern möglich, sich nicht nur privat auszutauschen; Snaps konnten nun öffentlich gestellt und 24 Stunden lang von anderen Usern betrachtet werden. Durch die Aneinanderreihung der einzelnen Bilder und Videos war jetzt auch Storytelling möglich.
- Die Professionalisierung der Inhalte – Januar 2015: im Januar 2015 wurde Snapchat Discover eingeführt. Mit dieser Funktion bekommen Nutzer nun professionell produzierte Multimedia-Geschichten von Medienunternehmen angeboten, die speziell für die Plattform aufbereitet werden und genau wie die Stories 24 Stunden verfügbar sind. Zudem ist es hier erstmals möglich, Werbung zwischen verschiedene Snaps zu schalten. Aktuelle Kooperationspartner sind beispielsweise Spiegel Online, Bild oder Sky Sport.
- Von spontan zu geplant – Juli 2016: Snapchat führte die Funktion Memories ein, mit der es dem Nutzer möglich ist, Inhalte nicht nur direkt nach der Aufnahme zu posten, sondern auch aus der Smartphone-eigenen Galerie zu laden oder Inhalte zu speichern und zeitverzögert zu posten. Jonas Jansen, Redakteur der F.A.Z. sieht diese Entwicklung kritisch: »Snapchat stand wie kein anderes Netzwerk dafür, Momente zu teilen, die gerade passieren. Anders als bei Instagram, wo inszenierte, perfektionistische Fotos die meisten Likes abstauben, werden auf Snapchat auch peinliche Momente geteilt.«
Die Geschichte, wie alle Netzwerke sich annähern
Nur einen Monat nachdem bei Snapchat die Stories eingeführt wurden, zog auch Instagram nach und startete eine Funktion, über die Fotos und Videos zu einer Slideshow zusammengestellt werden können, die nach 24 Stunden wieder verschwindet. Instagram (wie jetzt auch Facebook und WhatsApp) macht seitdem nun also genau das, was lange das Alleinstellungsmerkmal der App war und wodurch sie so beliebt wurde. So scheint es, dass sich alle sozialen Netzwerke in ihren Funktionen immer mehr angleichen. Was sie jedoch nach wie vor unterscheidet, ist die Zielgruppe und die Art und Weise der Ansprache.
Welche Kanäle sich für welche Inhalte eignen und worauf man als Unternehmen in Social Media achten sollte, verrät euch unser Experte Robert Puchalla im Video.
Snapchat für Unternehmen: What’s in for me?
Auf Snapchat tummeln sich junge Leute – so weit, so gut. Aber wie kann man diese Plattform nun für das eigene Unternehmen nutzen? Lange Zeit gar nicht. Einerseits war es extrem schwer, ein organisches Wachstum der Follower zu generieren, denn eine Suchfunktion gab es nicht. Vielmehr wurde durch Empfehlungen von anderen Snappern das Netzwerk erweitert. Andererseits war es ein geschlossenes System, das weder die Verlinkung nach innen noch nach außen zuließ und somit auch keinen Traffic auf die eigenen Webseiten ermöglichte. Durch die verschiedenen Neuerungen hat sich jedoch so einiges geändert. Nicht nur, dass nun Werbung zwischen den Snaps der Discovery Funktion geschaltet werden kann, auch das Verlinken auf externe Seiten ist nun möglich.
Doch ist es wirklich sinnvoll, einfach Werbung zu platzieren und auf seine Seite zu verlinken? Eine Studie der Hochschule Düsseldorf und der Agentur whylder fand heraus, dass Snap Ads – also Werbung zwischen den einzelnen Snaps – von 75,3 Prozent der User als unangenehm empfunden werden (was nicht überrascht, da Werbung, die auf Unterbrechung statt auf Relevanz setzt, stört). Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, (Geo-)Filter zu sponsern – dies finden 85 Prozent der Befragten nicht störend. Daher also zunächst eine bessere Option, die eigene Präsenz auf Snapchat zu erhöhen. Dass dieses Sponsoring funktionieren kann, zeigen Cases, die Snapchat erst vor kurzem veröffentlicht hat. Ein Beispiel? Cartier sponserte zum Valentinstag spezielle Filter, die in Bezug zu ihrer Schmuckkollektion »Cartier Love Collection« standen. Das Ergebnis: Die Filter wurden 1,7 Millionen mal verwendet und über 9,5 Millionen User wurden dadurch erreicht.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: 81,8 Prozent folgen keinem Unternehmen – 55 Prozent dagegen einem bis zehn Stars. Da drängt sich schnell die Idee nach Influencer Marketing auf.
Das Problem mit der Messbarkeit
Beschließt ein Unternehmen nun, sich neben gesponserten (Geo)-Filtern auf Influencer zu verlassen, gibt es jedoch ein weiteres Problem: Snapchat liefert nicht viele messbare Daten. Niemand kann die genaue Anzahl der Follower benennen, nur die Anzahl der Zuschauer pro Story wird ausgespielt. Und selbst diese verschwindet nach 24 Stunden wieder. Möchte man konkrete Werte, muss man die werbende Person dazu anhalten, kurz vor Ablauf der 24 Stunden einen Screenshot der Zuschauerzahl zu erstellen.
Erfolg dieser Marketingstrategie? Die Studie fand heraus, dass 16,3 Prozent der Nutzer durch prominente Snapper auf ein Produkt aufmerksam geworden sind und 5,7 Prozent ein Produkt gekauft haben. Baut man seinen eigenen Kanal auf, gilt es auch dessen Erfolg zu monitoren. Das bedeutet, nach jedem Snap die Anzahl der Zuschauer und der gemachten Screenshots zu notieren und in eine Liste einzutragen, um in Nachhinein die Entwicklung nachvollziehen zu können.
Erfolg trotz Hürden?
Durch diese Hürden – undurchsichtige Nutzerzahlen, schwierige Platzierung von Werbung und schwere Messbarkeit – scheint Snapchat als Werbeplattform unattraktiver als Instagram oder Facebook für Unternehmen. Dennoch bietet es auch ein unglaublich großes Potenzial, eine Zielgruppe anzusprechen, die man auf anderen sozialen Plattformen vergeblich sucht. Daher ist es durchaus vielversprechend, als Unternehmen seinen eigenen Kanal aufzubauen und regelmäßig zu bespielen. Nicht primär um seine Produkte an den Kunden zu bringen, sondern Markenbindung und Sympathie bei den Nutzern zu erreichen. Sei es durch Reportagen, wie das Produkt entsteht oder durch einen Blick hinter die Kulissen – am besten durch die Mitarbeiter, die authentisch und spontan aus ihrem Arbeitsalltag erzählen.
Spontan bedeutet hierbei jedoch nicht ohne Plan, denn eine konsistente und regelmäßige Bespielung des Kanals ist so wichtig wie auf keinem anderen Medium – mindestens einmal pro Tag.
Somit ist die Nutzung mit extrem viel Aufwand verbunden, bietet aber auch Potenzial, sich von anderen Unternehmen abzugrenzen und aus der Masse herauszustechen. Ob sich Snapchat auch in Zukunft gegen Instagram behaupten kann, entscheiden letztendlich die User. Wandert auch die jüngere Zielgruppe ab, wird es schwierig für den Dienst mit dem gelben Geist. Also, snappst du noch oder instagramst du wieder?
Neun Tipps für Unternehmen, die mit Snapchat starten möchten:
- Setze dir messbare Ziele, die du mit Snapchat erreichen möchtest.
- Entwickle ein Konzept für Snapchat, das in deine Kommunikationsstrategie und zu deiner Marke passt.
- Bedenke die junge Zielgruppe.
- Bleib authentisch und auf Augenhöhe.
- Sei mutig und probiere Neues.
- Snappe regelmäßig.
- Mache Freunde von Freunden zu deinen Freunden.
- Wenn du sponsorn möchtest, setze auf Geofilter und Filter.
- Monitore deine Aktivitäten.
Erfahre mehr über den Battle of Channels und triff uns auf der 12. Tagung Social Media Management am 27. und 28. Oktober in Berlin.
Quellen:
https://blog.hubspot.de/marketing/social-media-in-deutschland
http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=570
https://blog.hubspot.de/marketing/snapchat-marketing-deutsche-beispiele
http://www.futurebiz.de/artikel/snapchat-studie-deutschland-funktionen-werbeformate-discover/
http://www.journalism.org/2017/09/07/news-use-across-social-media-platforms-2017/
https://www.wuv.de/digital/die_erste_kampagne_von_instagram
https://www.mpfs.de/studien/jim-studie/2016/
https://onlinemarketing.de/news/snapchat-in-deutschland-marketingstrategien-studie
https://www.wuv.de/digital/snapchat_legt_werbekunden_fuer_deutschland_zahlen_statt_cases_vor
https://blog.netpress.de/snapchat-fuer-unternehmen-einsetzen