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Nur Bares ist Wahres? Über digitale Bezahlung

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Spätestens wenn die Oma vor uns an der Supermarkt-Kasse wieder minutenlang nach Kupfermünzen in ihrem Portemonnaie kramt, wünschen wir uns, dass sie stattdessen einfach ihre EC-Karte gezückt hätte. Oder ihr iPhone mit ApplePay. Davon sind wir in Deutschland aber noch weit entfernt. In diesem Artikel widme ich mich der Frage, warum speziell wir Deutschen noch so am Bargeld hängen und beleuchte die verfügbaren Alternativen.

Die Liebe zum Bargeld

Rund 2.000 Euro Bargeld bunkern wir durchschnittlich zuhause, 107 Euro haben wir im Portemonnaie (davon etwa 6 Euro in Münzen) – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Deutschen Bundesbank aus dem Jahr 2017, die Anfang dieses Jahres auf der offiziellen Website der Bundesbank veröffentlich wurde. Im Folgenden werde ich mich noch mehrmals auf diese Studie beziehen. Alle drei Jahre erhebt die Bundesbank Daten zur Bargeldnutzung in Deutschland. Tendenz: sinkend – wenn auch nur marginal.

Je nachdem, ob wir uns Umsatz oder Anzahl der im Erhebungszeitraum erfassten Zahlungsvorgänge ansehen, fällt das Urteil über unsere Liebe zum Bargeld unterschiedlich aus: Im Hinblick auf die Anzahl der Transaktionen liegt das Bargeld mit einem Anteil von 74 % deutlich vor der EC-Karte und anderen elektronischen Methoden. In Bezug auf den Umsatz sank der Anteil der Barzahlungen hingegen erstmals unter 50 % – was darauf hindeutet, dass wir größere Beträge inzwischen lieber elektronisch bezahlen.

Woran liegt das?

Für mich ist es völlig logisch, dass wir Deutschen zumindest bezogen auf den Umsatz häufiger mit Karte bezahlen – man kann in vielen Supermärkten erst ab einem bestimmten Einkaufswert ohne Bargeld zahlen. Und dabei handelt es sich oft um zehn Euro, manchmal sogar um zwanzig. Klar, dass dieser Umstand die elektronische Bezahlung nach oben pusht.

Nicht ganz unschuldig an der Entwicklung ist bestimmt auch die Einführung der kontaktlosen Bezahlung, bei der man seine EC-Karte nur eine Sekunde lang ans Lesegerät hält (zumindest bei Beträgen unter 25 Euro ohne Eingabe der PIN). Diese erfreut sich in Deutschland immer größerer Beliebtheit, was die Studie »Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2019« des EHI Retail Institute bestätigt: Im Frühjahr 2019 waren bereits 17,6 Prozent der girocard-Umsätze und sogar 21,2 Prozent der girocard-Transaktionen Kontaktloszahlungen mit deutlich steigender Tendenz.

Die Vielfalt elektronischer Zahlungsmethoden steigt immer weiter und bietet jedem Käufer eine bevorzugte Zahlungsmethode, die das Bargeld alt aussehen lässt. Smartphone-Nutzer kommen zum Beispiel immer mehr auf den Geschmack, ApplePay oder GooglePay als Form des mobilen Bezahlens einzusetzen. Allerdings ist laut der Mobile Payment Studie von SKOPOS weder Interessierten noch Nutzern der mobilen Bezahlung wirklich klar, wie das Ganze funktioniert und welche Banken es überhaupt anbieten.

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Vorteile der elektronischen Bezahlung

Klar, besonders die mobile und die kontaktlose Bezahlvariante sind sehr bequem für uns als Nutzer. Wir müssen kein Rückgeld mehr nachzählen, keine Angst mehr vor Falschgeld haben und tragen auch keine Unmengen an Kupfermünzen mehr im Geldbeutel, die ihn unnötig unhandlich machen. Ein weiterer Vorteil, den man leicht vergisst: Ohne Bargeld brauchen wir keinen Geldautomaten mehr suchen. Denn aktuell ist es leider noch oft so, dass wir nur an Terminals unserer eigenen Bank kostenlos Geld abheben können – bei anderen Geldinstituten werden dafür schnell mal fünf Euro Gebühr berechnet. Außerdem: Übers Online-Banking, die Kreditkartenabrechnung o. Ä. können wir leicht nachvollziehen, wann wir wofür Geld ausgegeben – ohne einen riesigen Stapel gedruckter Belege oder Kassenbons aufbewahren zu müssen.

Und zu guter Letzt: Elektronische Zahlungsmethoden sind wahrscheinlich hygienischer als das Hantieren mit Bargeld. Nehmen wir unsere Smartphones als Beispiel. Diese sind zwar nicht gerade steril, aber darauf befinden sich im Schnitt »nur« zwischen zehn und 500 Keime. Das klingt schon ekelhaft? Dann solltet ihr euch lieber nicht durchlesen, was Forscher der New York University bereits im Jahr 2014 über Geldscheine herausgefunden haben. Sie untersuchten 80 amerikanische Dollarscheine, die in einer Sommer- und Winterperiode im Umlauf waren, auf Bakterien. Mit gruseligem Ergebnis: Bis zu 3.000 Bakterienarten wohnen auf jedem einzelnen Schein in unseren Geldbeuteln.

Und was spricht für Bargeld?

Sicher hat jeder Deutsche seine ganz persönlichen Gründe, warum er gern mit Bargeld zahlt oder eben nicht. Ich zum Beispiel brauche manchmal das haptische Erlebnis des »Weggebens« eines Geldscheins, um beim Shoppen nicht völlig über die Stränge zu schlagen. Besonders ältere Menschen sind es außerdem gewohnt, ihr Budget mit Bargeld zu planen: Anfang des Monats wird eine bestimmte Summe abgehoben und die muss dann bis zum Monatsende reichen. Im Gegensatz dazu kann man mit der EC-Karte schnell mal ins Minus geraten, wenn man nicht regelmäßig den Kontostand prüft.

Was man auch nicht unterschätzen darf: Bei der elektronischen Bezahlung sind wir sehr abhängig von der Technik. Wer kein Bargeld mit sich führt, sitzt bei technischen Störungen finanziell erstmal auf dem Trockenen. Und die Gründe dafür sind vielfältig: leerer Handy-Akku, beschädigter Magnetstreifen an der EC-Karte, kaputtes Kassenterminal, Stromausfall, Netzstörung und so weiter. Ein guter Grund, immer wenigstens ein paar Euro Bargeld dabei zu haben.

Der Hauptgrund, warum wir Deutschen so am Bargeld hängen, ist allerdings ein anderer: Wir sind ganz besessen von unserem Datenschutz. Da machen wir natürlich auch beim Bezahlen nicht Halt. Das wichtigste Argument von Gegnern der Bargeldabschaffung (z. B. der Initiatoren der Petition »Rettet unser Bargeld«) ist die Einschränkung unserer Freiheit durch die totale Überwachung aller getätigten Ein- und Verkäufe. Daraus resultierend fürchten sie die Reglementierung des Kaufs bestimmter Güter und die Festlegung individueller Preise. Andersherum formuliert sind sie der Meinung: Wenn wir bar bezahlen, werden unsere Transaktionen nicht gläsern. So schützen wir uns davor, den Banken völlig ausgeliefert zu sein, und können anonym bleiben.Contentbild_digitaleZahlung-2

Dauert Barzahlung länger?

Auch ich krame bei einer Rechnungssumme von 5,03 € meist noch nach den paar Cent und kann der klischeehaften Omi, die an der Kasse eine halbe Stunde lang Münzen sortiert, nicht unbedingt einen Vorwurf machen. Allerdings gibt es immer noch einen Unterschied zwischen »zwei Münzen aus dem Münzfach holen« und »einen Betrag jenseits der fünf Euro mit Kupfermünzen zu bezahlen«. Von Leuten, die eine Hand voll Kleingeld in ihren diversen Hosentaschen bunkern und beim Bezahlen vor der Kassiererin ausleeren, will ich gar nicht erst anfangen.

Wenn wir von solchen Sonderfällen mal absehen, ist und bleibt die Barzahlung die schnellste Zahlungsart: Laut der bereits weiter oben erwähnten Studie der Deutschen Bundesbank werden Beträge unter zehn Euro durchschnittlich in knapp 18 Sekunden beglichen. Erst ab einem Zahlungsbetrag von 100 Euro sind Kartenzahlungen schneller – und das kommt an der Supermarktkasse dann doch nicht ganz so oft vor.

Und auch monetär gesehen lohnt sich Barzahlung für den Einzelhandel mehr. Denn elektronische Zahlung ist immer mit Kosten verbunden: für die Übermittlung, fürs Einlernen der Mitarbeiter, für Anschaffung oder Aufrüsten der notwendigen Gerätschaften und auch für die höhere Anzahl der Arbeitsstunden, die bei der Zahlung per Karte oder Handy nachweislich anfällt (auch hierzu hat die Deutsche Bundesbank viele Daten erhoben und in ihrer Studie aufgeführt).

Mein Fazit

Solange wir in Deutschland beim Thema Digitalisierung noch so hinterherhinken, sehe ich keine blühende Zukunft fürs Mobile Payment. Dafür sind wir »Almans« einfach noch zu wenig aufgeklärt und lassen uns zu sehr von Datenschutz-Skandalen beunruhigen. Ich bin mir zwar sicher, dass die Kartenzahlung sich auch weiterhin immer größerer Beliebtheit erfreuen wird, aber dass wir unser geliebtes Bargeld komplett unter den Tisch fallen lassen? Sehr unwahrscheinlich. Sonst hätten die Petitionen gegen die Bargeldabschaffung nicht über 120.000 Unterstützer finden können.