Ich beschäftige mich schon länger intensiv mit dem Thema der Unternehmens- und Innovationskultur. Warum? Weil ich davon überzeugt bin, dass sie zukunftsweisend, entscheidend für die Innovationsproduktivität sowie den Innovationserfolg ist, als Wettbewerbsfaktor dient und nachhaltig den Erfolg fördert. Der Mensch und die Wertschätzung ihm gegenüber stehen hierbei im Mittelpunkt.
Es gilt ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen – und da zähle ich mich dazu – Herausforderungen lieben und daran glauben, dass Talente und Fähigkeiten durch engagierten Einsatz gesteigert oder verbessert werden können. Sie sind dann eher bereit, sich zu engagieren und sich Herausforderungen zu stellen, anstatt wegzulaufen oder nach Wegen zu suchen, sie zu umgehen.
Um als Unternehmen diese Chancen zu erkennen und Potentiale zu nutzen, benötigt es ein entsprechendes Mindset. In dem Zusammenhang möchte ich den Begriff "Growth-Mindset" verwenden.
Kurzer Exkurs
Die Entdeckung, dass sich Menschen im Glauben an die eigene Lernfähigkeit maßgeblich unterscheiden, geht auf Carol Dweck (2012) zurück. Ihre Forschungsarbeit deckte auf, dass Menschen mit einem „fixed mindset“ davon überzeugt sind, dass persönliche Eigenschaften (z. B. Intelligenz oder Charakterstärken) unveränderbar und statisch sind. Während Menschen mit einem „growth mindset“ wachstumsorientiert denken und von deren Entwicklungsfähigkeit überzeugt sind.
Die Innovationskultur ist der Grundstein, der Motor im Innovationsprozess
Folgendes kann festgehalten werden: Erfolgreiche Unternehmen mit einem »Growth- Mindset« innovieren ununterbrochen, denn
- sie sind schnell und flexibel
- sie verstehen die Bedürfnisse der Märkte und Kunden
- sie haben flexible Strukturen
- sie haben motivierte Teams
Unzählige Studien und Umfragen, mit denen ich mich in den letzten Jahren zur Genüge befasst habe, belegen, dass diese Unternehmen im Allgemeinen zufriedenere Mitarbeiter und eine innovativere, risikofreudigere, fehlertolerantere Kultur haben. Scheitern wird als Gewinn gesehen, denn nur daraus entstehen Innovationen. Sie sind eher bereit dazu, aus ihren Komfortzonen herauszutreten und können aus diesen Herausforderungen lernen und wachsen.
Innovation braucht eine Vision
Die Vision beschreibt eine zukunftsfähige Ausrichtung und soll die Frage beantworten, was man als Unternehmen langfristig erreichen möchte.
Innovation stellt immer Herausforderungen dar, weil sie mit Risiken und Veränderungen verbunden ist und somit Widerstände, wenn auch ungewollt, hervorrufen kann. Die hohe Komplexität und Unsicherheit erschweren die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit von Entwicklungen und Trends.
Individualität löst Standard ab
Neue Technologien beschleunigen zunehmend das Ende von Standardprodukten. Branchengrenzen lösen sich auf. Lineare Lösungen, lineares Denken und lineares Management sind in einer dynamischen, volatilen, veränderungsstarken und mehrdeutigen Welt keine Lösung mehr. Denn es gibt nicht mehr den einen Weg oder das eine Führungsinstrument.
Das verlangt einen Kompetenzaufbau und völlig neue Konzepte ab. Teams müssen mehr denn je auf diese Veränderung vorbereitet werden, nötiges Know-how und Weiterentwicklung gefördert werden. Mit dem richtigen »Growth-Mindset« stellen sich Unternehmen so für die Zukunft auf.
Doch wie sieht das in der Realität aus?
Viele Prozesse und das operative Geschäft erschweren ein flexibles und vor allem schnelles Agieren.
- Flache Hierarchien, innovationsfördernde Freiräume, kurze Entscheidungswege und die Bereitschaft, definierte Abläufe zu umgehen oder Regeln zu brechen, charakterisieren Unternehmen wie Microsoft oder Facebook. Erfolgreiche Innovationen entstehen durch iterative Prozesse, die im operativ ausgerichteten Tagesgeschäft keinen Platz haben. In innovativen Teams ist die Eigenverantwortung der Mitarbeiter der wichtigste Erfolgsbestandteil.
- Eine andere Arbeitsumgebung begünstigt die Kreativität und lässt Raum für die Entwicklung neuer Ideen. In hoch motivierten Teams steckt ein großes kreatives Potenzial, das es zu nutzen gilt. Die Energie solcher Teams muss mit kurzen Entscheidungswegen gefördert werden, ansonsten kann die Motivation bei den betroffenen Mitarbeitern sehr schnell in Frust umschlagen.
- Auch wenn Innovation erwünscht ist, werden die Leistungen der Mitarbeiter nach wie vor stark an operativen Zielen gemessen. Daher wird das Innovationspotenzial zu wenig ausgeschöpft. Teams werden kaum an der Zahl und Qualität ihrer Ideen gemessen. Anerkennung gibt es für gute Ideen - oftmals sind jedoch gerade die anfangs »unbrauchbaren« Ideen Wegbereiter guter Ansätze, die schließlich erfolgversprechend umgesetzt werden können.
- Innovation kommt von Menschen, die Mut und Leidenschaft haben. Insbesondere heterogen zusammengesetzte Teams sind oft sehr erfolgreich. Querdenkerqualitäten bilden wichtige Pfeiler der Unternehmenskultur. Allerdings sollten die Teams rotieren, denn Innovationsfähigkeit entsteht durch ständig neue Impulse.
Ich fasse zusammen
Das Wissen, dass Innovation essentiell für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist, ist meist bis zur obersten Ebene vorhanden. Jedoch beanspruchen operative Projekte einen Großteil der Ressourcen und lassen ein kurzfristiges Handeln kaum zu. Das Wachstum ist gebunden an operative Umsätze – und das ist auch notwendig für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Dennoch ist es auf Dauer ein hohes Risiko, die Freiräume zum Innovieren nicht zu schaffen.
Agile Teams, eine offene Innovationskommunikation, Befähigung, Verantwortung, Vertrauen und eine Akzeptanz von Fehlern sowie gescheiterten Projekten sind unabdingbar, völlig neue Strukturen und Prozesse innerhalb eines Unternehmens essentiell. Bisherige Organisationsstrukturen müssen aufgebrochen und um eine Innovationsstruktur erweitert werden.
Mitarbeiter müssen für Innovation begeistert, intrinsisch motiviert und befähigt werden. Neues zu schaffen und dabei keine Angst zu haben, etwas falsch zu machen, Neues zu lernen und sich selbst kontinuierlich zu verbessern – das soll das oberste Ziel der Innovationskultur sein. Erst auf dieser Basis kann eine effiziente, umsatzsteigernde Innovationsstrategie aufgebaut werden.