STRATEGIE

Wie Leichte Sprache das Lesen erleichtert

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Texte lesen klingt einfach. Schließlich kann ja jedes Kind lesen und schreiben, denkt man. Die Wahrnehmung trügt jedoch, wir haben 7,5 Mio. funktionale Analphabet*innen in Deutschland. Folgende Gruppen sind oft von Lese- bzw. Verständnisproblemen beim Lesen betroffen:

  • Menschen mit Lese- und Lernschwierigkeiten
  • Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache
  • Autist*innen
  • Menschen mit Aphasie (= Sprachstörung), z.B. nach einem Unfall
  • Ältere Menschen, z.B. aufgrund von Demenz

Die Verständnisprobleme all dieser Menschen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Bei Texten in juristischem Fachdeutsch oder Gebrauchsanweisungen gibt es bekanntlich auch zahlreiche Menschen ohne Beeinträchtigung, die ihre Schwierigkeiten damit haben.

Als Lösung etabliert sich aktuell die sog. Leichte Sprache. Das ist eine stark vereinfachte Variante der deutschen Sprache, bei der Texte besonders leicht verständlich verfasst werden.

So funktioniert Leichte Sprache

Wie sieht das nun konkret aus, wenn man einen Text in Leichter Sprache schreibt? Hier ein paar Beispiele für wichtige Regeln:

  • Leicht verständliche Wörter verwenden
  • Wenn es nicht ohne schwierige Wörter geht, müssen diese erklärt werden
  • Jeden Satz in einer neuen Zeile beginnen
  • Kurze Hauptsätze schreiben
  • Keine Silbentrennung einsetzen

Die Regeln betreffen Sprache und Textgestaltung gleichermaßen. Bereits seit 2016 gibt es vom Duden-Verlag einige Ratgeber und Arbeitsbücher zum Thema Leichte Sprache, die sowohl wissenschaftliche als auch praxisorientierte Informationen bereitstellen. Das Netzwerk Leichte Sprache bietet eine kurze Einführung als PDF zum Download an.

Den besten Eindruck gewinnt man wahrscheinlich über Textbeispiele: Bei dieser brand-eins-Übersetzung der kieferorthopädischen Behandlungen im Jahresbericht des Rechnungshofs findet sich die Leichte-Sprache-Version nach jedem Abschnitt in roter Schrift, so dass man beide Versionen im direkten Vergleich hat. Der NDR veröffentlicht regelmäßig ausgewählte lokale Nachrichten in Leichter Sprache, z.B. über Bombensprengungen in der Ostsee. In Skandinavien stellen derartige Nachrichten-Angebote übrigens schon heute keine Besonderheit mehr dar.

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Möglichkeiten im Online-Marketing

Wie kann man auf das Bedürfnis nach leicht verständlichen Texten im Online-Marketing eingehen? Einige wenige Anbieter stellen auf ihrer Website eine zweite Version in Leichter Sprache bereit, z.B. die Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung. Diese Version ist normalerweise keine 1:1-Übersetzung der Seite, sondern enthält nur die wichtigsten Inhalte. Die komplette Website kann die o.g. Nutzergruppen schnell überfordern, daher liegt der Fokus auf der zentralen Navigation und den zentralen Inhalten. Das bedeutet fürs Online-Marketing zwar im ersten Schritt mehr Pflegeaufwand, allerdings muss die Leichte-Sprache-Version auch nicht für jede zeitlich begrenzte Aktion angepasst werden.

Je nach Unternehmen oder Institution ist eine Version in Leichter Sprache »nur« ein Nice-to-have oder auch gesetzliche Vorgabe. Bundesbehörden sind laut BITV 2.0 bereits dazu angehalten, barrierefreie Websites bereitzustellen, was auch Informationen in Leichter Sprache beinhaltet.

Inwieweit ein Unternehmen ein solches Angebot im Online-Marketing als notwendig erachtet, dürfte stark von der Zielgruppe abhängen. Und natürlich von der Relevanz des Angebots – je (lebens-)wichtiger das Thema ist, umso wünschenswerter ist auch die Ermöglichung von Teilhabe. Neben den oben genannten Gruppen sollten außerdem Menschen einkalkuliert werden, die schlicht keine Lust oder Zeit haben, sich mit einem komplizierten Text auseinanderzusetzen. Viele sind es heutzutage gewohnt, ihre benötigten Informationen klar und übersichtlich aufbereitet zu erhalten, um sie in kurzer Zeit erfassen zu können.

Konkrete Umsetzung

Wo kommt eine Text- oder Website-Version in Leichter Sprache her? Die Lebenshilfe Bremen beispielsweise bietet Übersetzungen in Leichte Sprache als Dienstleistung an, aber auch gleich die entsprechenden Kurse, falls man sich selbst fortbilden möchte. Universitär geht das an der Uni Hildesheim im Master-Studiengang Barrierefreie Kommunikation.

Wichtig bei derartigen Übersetzungen ist, dass diese von Menschen mit Lern-Schwierigkeiten geprüft werden. Dadurch hat man die Gewähr, dass Menschen mit Beeinträchtigung den Text auch tatsächlich gut lesen und verstehen können.

Aber es gibt auch Grenzen. Sprachspiele oder -witze lassen sich nur schwer in Leichte Sprache übertragen. Außerdem sind Rechtstexte in Leichter Sprache nicht justiziabel, d.h. sie stellen nur Informationen über Rechtstexte bereit, gelten aber nicht als solche. Deswegen ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass Leichte Sprache immer nur ein Zusatzangebot darstellt und nicht den Original-Text ersetzt.

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Auf den Punkt gebracht

Wenn ich Texte in Leichter Sprache lese, bin ich immer wieder fasziniert davon, wie Aussagen auf den Punkt gebracht werden. Viele von uns sind es im beruflichen Kontext nicht gewohnt, klar Stellung zu beziehen. Egal ob Tweet oder Werbeslogan – Hauptsache, es klingt gut und holt die Zielgruppe emotional ab. Sachlich und nüchtern die Fakten darlegen, ohne die Nutzer*innen zu verwirren, ist fast schon das Gegenteil von dem, was viele von uns gelernt haben.

Es kann daher aufschlussreich sein, sich auch ohne Notwendigkeit die Leichte-Sprache-Version zu Gemüte zu führen. Und es ist sinnvoll, wenn man sich beim Schreiben von Texten regelmäßig daran erinnert, dass nicht alle Menschen so gut lesen können wie man selbst.

Vielen Dank an die Stiftung Pfennigparade, deren Workshop im Rahmen der Münchner Webwoche mich näher an dieses facettenreiche Thema herangeführt hat.

autor.

Autorenbild Hanna Hartberger

Beim Jahr 2017 merkte man schnell, dass es politisch denkwürdig werden würde. Hanna wusste, dass sie sich nicht nur wegen berühmter Persönlichkeiten daran erinnern würde. Sie entschied sich nämlich im selben Jahr für einen neuen Karriereschritt und wechselte zu arsmedium ins Content Management.

Wieder zurück in der fränkischen Heimat lebt sie sich hier nun bei verschiedensten Online-Projekten aus. In einem früheren Leben hat sie zwar Buchwissenschaft und Germanistik studiert, aber die Verlockungen des World Wide Web faszinierten sie schon im Studium, bis sie ihnen im Laufe ihres Arbeitslebens völlig erlag. Die zertifizierte Online-Marketing-Managerin ist sowieso der Ansicht, dass zwischen Internet und Verlagswesen keine allzu großen Unterschiede bestehen – guter Content hat in beiden Bereichen die besten Chancen, sich durchzusetzen. Getreu diesem Motto kennt sich Hanna mit Content-Erstellung jeglicher Art aus und stellt den neuen Content am liebsten auch gleich online. Selbst wenn die x-te Änderungsrunde einer Seite diskutiert wird, kann sie das nicht aus der Ruhe bringen, denn:

»Nichts ist beständiger als der Wandel.«
Heraklit, vielleicht auch Charles Darwin

Auch das private Interessenspektrum unserer Allrounderin ist schier unendlich: Es reicht von Fotografie bis Menschenrechte, von Feminismus bis Low-Carb-Backen, von Serien-Binge-Watching bis Bloggen. Und natürlich möchte sie irgendwann die Weltherrschaft erringen.

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