Die Arbeitswelt wird immer digitaler und verändert sich rasend schnell. Gefragt ist in diesem Zusammenhang auch ein Umdenken von Führungskräften. Stichwort: Wertschätzende Führung als Erfolgsfaktor für Unternehmen. Menschen, die geführt werden, erwarten eine andere Art von Kommunikation und Führungsstil. Sie möchten nicht mehr wie Nummern behandelt werden, sie möchten mitgestalten. Neu ist dieser Ansatz nicht, dennoch nimmt er im Zuge des Fachkräftemangels nochmal Fahrt auf und zeigt auf, welche Anforderungen an Führungskräfte in Zukunft gestellt werden.
Auch wenn es für Außenstehende und diejenigen, die keine Berührungspunkte zur Armee haben, befremdlich klingen mag, aber meine Bundeswehr-Zeit als Stabsunteroffizier war geprägt von vielen positiven Eindrücken, Erlebnissen und Perspektivwechseln. Man war viel auf Lehrgängen unterwegs und in der Tat hat man viel mit auf den Weg bekommen, auch was Menschenführung angeht. Besonders hängengeblieben ist, dass die Mannschaftsdienstgrade (das sind die Dienstgrade unter dem Unteroffizier-Dienstgrad) nicht nur bei der Essensausgabe zuerst kommen, sondern auch sonst kümmert man sich als Gruppenführer um seine Mannschaft. Geht es allen gut, sind alle zufrieden – dann sind alle motiviert und bringen Höchstleistungen. Nur so gewinnt man das Vertrauen des Teams und erreicht (oder übertrifft) gemeinsam die Ziele. Ganz nach dem Motto: »Wer führt, ohne dass ihm die Menschen folgen, geht nur spazieren.« (Reinhard K. Sprenger)
Zurück zum Arbeitskontext. Der kleine Exkurs in das Bundeswehr-Life soll aufzeigen, dass Führungskräfte eine besondere Rolle haben und nicht nur auf dem Papier die/der »Head of …« sind. Ganz im Gegenteil – die Rahmenbedingungen von Unternehmen haben sich in den letzten Jahren stark verändert: Wissen veraltet in immer kürzeren Zeiträumen, Märkte ändern sich sprunghaft und Organisationen stehen in nahezu unüberschaubaren, vernetzten Beziehungen.
Führungskräfte werden in Zukunft noch stärker gefordert sein, immer komplexere Systeme zu steuern und dabei unberechenbare Ereignisse einzubeziehen. Eine solche Komplexität kann nicht mehr nur von einer einzelnen Person bewältigt werden. Hier sind emotional intelligente Führungskräfte gefragt, die soziale Interaktionen fördern und ihre Mitarbeiter:innen auf breiter Ebene einbeziehen. Lehrbuchhafte Standardstrategien und Führungsmodelle mit dem Anspruch, alles selbst machen und kontrollieren zu müssen, führen schnell in eine Sackgasse.
Klar ist, dass nicht jede:r dazu in der Lage ist, auf Teufel komm raus die:der perfekte Leader:in zu sein. Schulungen oder Führungskräfte-Seminare können hier aber ein Ansatz sein, um die richtige Richtung einzuschlagen. Aller Anfang ist schwer.
The Head Of… der Zukunft
Was wären die ersten Schritte und was erscheint sinnvoll, um sich mit dem Thema Führung heute neu zu beschäftigen?
Rahmenbedingungen für die Mitarbeitenden schaffen
Man sollte sich als Visionär:in, Personalentwickler:in und Coach der Mitarbeiter:innen sehen und als Führungskraft günstige Bedingungen für selbstverantwortliche Mitarbeitende schaffen. Leadership bedeutet in diesem Zusammenhang, dass weniger ausgeführt, angewiesen oder kontrolliert und stattdessen vielmehr initiiert und die Umsetzung unterstützt wird.
Führungsarbeit an greifbaren Visionen orientieren
Klassische Führung versucht oft Komplexität durch noch bessere Planung und Kontrolle zu bewältigen. Mittelfristig leidet dadurch die Zukunftsfähigkeit der Organisation und die Selbstorganisation der Mitarbeitenden. Man sollte als Leader:in den eigenen Blick in die Zukunft richten. Realisierbare Visionen stehen im Interesse aller Beteiligten und motivieren Führungskraft und Team dazu, Höchstleistungen zu erbringen.
Zielvereinbarungen nutzen und Verantwortung delegieren.
Visionen sind nur erfolgreich und greifbar, wenn sie realisiert werden können. Visionen können in erreichbare Ziele übersetzt werden, aus denen konkrete Maßnahmen abgeleitet werden. Verantwortung und Entscheidungen werden dorthin verlagert, wo die Wertschöpfung tatsächlich stattfindet. So identifizieren sich die Mitarbeitenden mit den gemeinsamen Zielen und sind persönlich motiviert.
Motivieren und inspirieren.
Letztendlich werden die Visionen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern realisiert. Eine der zentralen Aufgaben ist es daher, die Mitarbeiter:innen in die richtige Richtung zu führen, sie zu motivieren und zu inspirieren. Über grundsätzliche strategische Entwicklungen sollte informiert werden und die Mitarbeiter:innen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
Changeprozesse aktiv und vertrauensvoll gestalten.
Durch den schnellen Wandel im Umfeld der Unternehmen entsteht eine große organisatorische Veränderungsdynamik. Es sollte natürlich nicht nur über Ziele und Visionen gesprochen werden, sondern auch über die Notwendigkeit des Wandels. Die Führungskraft sollte zur:zum vertrauensvollen Prozessbegleiter:in werden. Im Team können systematisch Fähigkeiten aufgebaut werden, die für Veränderungen gebraucht werden. Gerade hier sind emotionale Intelligenz, Überzeugungskraft und eine lebendige Kommunikationsfähigkeit gefragt. Leadership eben.
Visionen vorleben.
Wer Visionen umsetzen möchte, muss vorleben, worum es geht. Die Voraussetzungen dafür sind Glaubwürdigkeit und Authentizität. Worte und Taten müssen langfristig übereinstimmen und zu den eigenen Werten und der Persönlichkeit passen. Erst dann überzeugt man als Leader:in und wird als solcher ernst genommen.
Fazit
Moderne Führung zeichnet sich durch konsequentes Delegieren von Verantwortung aus und lebt von einer Kultur des Vertrauens im Team. Sie lebt von Soft-Skills, Prozess- und Methodenkompetenz und der Fähigkeit, sich selbst ständig weiterzuentwickeln. Motivierte Mitarbeiter:innen, die durch einen kooperativen Führungsstil zu verantwortungsbewussten Mitunternehmerinnen und Mitunternehmern werden, sind heute schon der entscheidende Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens. Als angenehmer Nebeneffekt wird den Mitarbeiter:innen Wertschätzung entgegengebracht und das schafft, wie schon oben erwähnt, Motivation und spornt zu Höchstleistungen an. Man muss es nur wagen.