STRATEGIE

Generation Z: vielleicht, vielleicht auch nicht

ZUR ÜBERSICHT

Historische und kulturelle Ereignisse prägen jede Generation. Durch sie entwickeln sich Verhaltensweisen und Werte, die als charakteristisch für die jeweilige Altersgruppe gelten. Richtungsweisend für die letzten Jahrzehnte waren die Verbreitung des Internets und die Digitalisierung. Die sogenannte »Generation Z« kennt einen Alltag ohne Smartphones, soziale Netzwerke und WhatsApp bereits nicht mehr. Reale und virtuelle Welt verschmelzen, werden als gleichwertig angesehen. Das Internet wird nicht mehr nur zur Informationsbeschaffung genutzt, sondern auch, um persönliche Inhalte zu teilen und immer up to date zu sein. Wie beeinflussen diese Dinge die Lebens- und Arbeitswelt der Generation Z im Gegensatz zu der Generation Y?

Die Welt ist nicht genug

Sie haben nur wenige globale Krisen bewusst erlebt. Aber sie bekommen nun mit, wie vieles, das lange beständig schien, auf wackligen Füßen steht: Europa, Demokratien, die stabilen Machtverhältnisse in der Welt oder auch die Klimafrage. Sie wachsen mit Debatten über selbstfahrende Autos und künstliche Intelligenz auf, in einer Zeit großer Umbrüche und Unsicherheit.

Ihre wichtigsten Werte sind Gesundheit, Freiheit und Gerechtigkeit, danach kommen Familie und Freundschaft. Gesundheit und Freiheit stehen dafür, nicht eingeschränkt zu sein und alles tun und erreichen zu können. Die Gesundheit ist eng verknüpft mit gesunder Ernährung, Fitness und Beauty. Zu lesen in der Studie »Junge Deutsche 2019«.

Es ist eine globale Generation, die die Welt nur ohne Grenzen kennt. Die Jahrtausendkinder aus der Mittelschicht können Englisch, gehen selbstverständlich ins Ausland und sind über soziale Netzwerke mit Menschen aller Kontinente verbunden. Das mache sie weltoffener und toleranter. Sie vergleichen nicht mehr allein mit dem unmittelbaren Umfeld, sondern mit der ganzen Welt. Sagen zumindest Wissenschaftler.

Freiheit vs. Zuverlässigkeit

Viele Optionen offenhalten, pragmatisch und flexibel sein – andocken, wo es nützt. Es scheint so, als habe eine pragmatische Lebensorientierung einen höheren Stellenwert als die Zuverlässigkeit, auf welche die Generation Y noch viel Wert gelegt hat. Als »Ypsiloner« sag ich: Ich liebe die Freiheit und lege trotzdem Wert auf Zuverlässigkeit. Diese Werte wurden mir mitgegeben und sind mir wichtig. Jeder braucht jemanden, auf den man sich verlassen kann, aber aufgrund der vielen Hochzeiten, auf denen man gleichzeitig tanzen kann, sind Beziehungen unverbindlicher und schnelllebiger geworden, die eigene Liebenswürdigkeit brüchiger.

Geboren zwischen 1980 und 1999 wuchsen die »Ypsiloner« noch ohne Smartphones auf. Verabredungen mussten daher eingehalten werden, da spontane Änderungen oder Absagen nicht möglich waren. Die schnelllebigen Kommunikationsdienste von heute, wie z. B. WhatsApp, verschärfen jedoch den Drang, Verabredungen wenige Minuten davor noch abzusagen. Doch ist es wirklich cool, Entscheidungen zu treffen, die nicht bindend sind, und sie nachträglich noch reversibel zu machen?

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Die Angst, etwas zu verpassen

Das ist nicht einfach nur ein Lifestyle-Phänomen. Es ist viel mehr als das. Denn es bringt eine Einstellung zum Ausdruck, die sich in vielen Lebensbereichen schon durchgesetzt hat. Und jetzt eben auch im Privaten. Es ist die Angst, etwas zu verpassen. Die Angst, ein 12-Monats-Abo abzuschließen, obwohl man doch noch nicht mal weiß, was in drei Monaten ist. Die Angst, die coolere Party zu verpassen, wenn man fest für eine andere Party zusagt.

Und eben auch die Angst, zu einem Menschen »Ja« zu sagen und nicht zu wissen, ob der »Bessere« nicht schon um die Ecke lauert.

Wir leben in einer Zeit der Rückgabe-Garantie, die uns vor dem Festlegen schützt: Im Internet kaufen wir Dinge, zu denen wir erst einmal die Bewertungen anderer Kunden lesen und die wir dann problemlos wieder zurückgeben können — der Sendung ist der Retourenschein schon gleich beigelegt.

Arbeitswelt

Die Generation Z steckt gerade in Ausbildung, Studium oder macht schon die ersten Schritte auf dem Arbeitsmarkt. Wenn sie in wenigen Jahren in großer Zahl ins Berufsleben drängt, stellt das die Unternehmen vor neue Herausforderungen. Sollte man sich mit Fragen beschäftigen wie: Lauert hinter der nächsten Ecke der »bessere« Arbeitgeber? Oder: Wie loyal ist die nächste Generation dem Unternehmen gegenüber?

Unbefristete Verträge, Spaß bei der Arbeit, Nine-to-five-Bürozeiten statt 12-Stunden-Arbeitstag, klare Strukturen. Gern auch mal ein Tag Home Office, aber bitte auf freiwilliger Basis. Familie, Freunde, Lebensqualität und Gesundheit sind wichtiger als verbissenes Karrierestreben und Führungspositionen. Gerne auch Benefits, bei denen man gern eine Augenbraue hochziehen möchte – wie betriebliche Zusatzversicherungen, kostenloses Essen oder auch das Fliegen nach der Probezeit.

Die Alltime Favourites hingegen – wie Dienstwagen oder die mögliche Karriereleiter –entlocken dem Gros der Generation Z kaum mehr als ein gelangweiltes Lächeln. Andere Dinge wie Familie, Freunde, Freizeit und Gerechtigkeit sind inzwischen wichtiger als Karriere und nehmen einen höheren Stellenwert ein. Dementsprechend haben sie hohe Erwartungen: viel Geld, viel Freizeit, viele Zusatzleistungen, 30 Tage Urlaub, weniger Stress und mehr Leben.

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Ponyhof vs. War for Talents

Entscheidend für Arbeitgeber, vor allem auf den Feldern Personalgewinnung und -führung, ist die Frage, ob und wie die Unternehmen auf die Wünsche der Generation Z eingehen können und sollten. Sonderbehandlungen können das Arbeitsklima ver­giften, wenn sich dadurch andere Arbeitneh­mergruppen benachteiligt fühlen. Demnach stellt das bedingungslose Akzeptieren von Forderungen der Generation Z die Unternehmen vor gewisse Herausforderungen, vor allem deren Kultur und Produktivität. Es muss einer­seits klar werden, dass z. B. geregelte Arbeitszeiten kein Grundrecht darstellen, auf die ein Anrecht besteht. Andererseits können sich Unternehmen einen Attraktivitätsvorteil im Kampf um die besten Köpfe verschaffen, wenn sie hier entspre­chende Angebote machen.

Mit verschiedenen Ansätzen wird man sich in Zukunft auseinandersetzen müssen, um eine geeignete Symbiose zu finden. Möglicherweise wird auch ein völlig neues Denken nötig sein, um junge Mitarbeiter zu rekrutieren und sie ggf. an das Unternehmen zu binden. Interessante Modelle sind z. B. die Caring Company und die Fluid Company:

Die Caring Company

Die Caring Company setzt verschiedene Mittel ein, um Mitarbeiter, die sie behalten will, so lange wie möglich an das Unternehmen zu binden. Gleichzeitig wird versucht, die ungewollte Mitarbeiterfluktuation auf ein Minimum zu reduzieren. Die Kernfrage dabei ist: Wie machen wir unsere Firma nicht nur dauerhaft leistungsfähig, sondern auch lebenswert, liebenswert und loyalitätswürdig? Müsste beispielsweise ein*e Mitarbeiter*in für den neuen Job in eine andere Stadt ziehen, könnte man durch Unternehmens-Netzwerke auch für den*die Partner*in eine Stelle finden. Ebenso könnte man in Zeiten der Wohnungsnot die Suche nach einer Unterkunft erleichtern. Quasi ein familien-integriertes Konzept, in dem immer auch die persönliche Entwicklung und das Wohlbefinden des Mitarbeiters ganz vorne steht.

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Die Fluid Company

Bei der Fluid Company stehen nicht mehr klassische feste Positionen im Vordergrund. Man wird schauen, welche Bewerber es gibt, und die Aufgabe an deren Fähigkeiten und Erfahrungen anpassen. Sollten Kernqualifikationen fehlen, können diese in betrieblichen Weiterbildungen erworben werden. Aufgaben, die der neue Mitarbeiter aufgrund seines Profils nicht abdecken kann, werden auf andere Teams oder Mitarbeiter verteilt. Davon profitieren sowohl die neuen Mitarbeiter, die eine Aufgabe auf ihre speziellen Talente und Erfahrungen zugeschnitten bekommen, als auch bisherige Mitarbeiter, die die Möglichkeit haben, sich ständig weiterzuentwickeln und ihre Fähigkeiten in unterschiedlichen Projekten zu schärfen.

Ein weiterer Punkt, der diese Unternehmensform ausmacht, ist – wie schon oben angesprochen – der Umgang mit Mitarbeitern, die sich nicht festlegen wollen. Wechselfreudige Mitarbeiter werden bestärkt, in einem anderen Unternehmen Erfahrungen zu sammeln. Wieder würden Kontakte aus dem eigenen Unternehmens-Netzwerk zur Verfügung gestellt werden, um ihnen eine bestmögliche neue Aufgabe zu verschaffen. Der Gedanke, der dahinter steht, beruht auf der Erkenntnis, dass jemand, der nach neuen Herausforderungen sucht, auch kündigen wird.
Wieso ihn nicht dabei unterstützen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass er in ein paar Jahren für neue Projekte zurückkehren wird – als noch besser qualifizierte Arbeitskraft. Als Nebeneffekt bekommt man die Selbstverwirklichung. Bedürfnisse wie Individualität, Talententfaltung, Perfektion und Erleuchtung werden befriedigt. Denn von motivierten Mitarbeitern profitiert das Unternehmen. Zahlreiche Studien belegen, dass Mitarbeiter, die genau das tun, was ihren Talenten und Bedürfnissen entspricht, sehr viel effektiver arbeiten.

Obi Wan Kenobi

Augenhöhe ist der Generation Z wichtig und sie wünscht sich Mentoren statt Bosse. Freiheit und Gerechtigkeit für alle! Ohne Sinnerfüllung und gleichzeitig viel Spaß läuft gar nix. Auf der Suche nach Orientierung und Sicherheit sind anstelle von befehlenden Chefs Mentoren die bessere Wahl. Denn Mentoren trauen den jungen Leuten etwas zu und können anstatt eines Null-Fehler-Programms eher das Trial-and-Error-Prinzip anwenden. Natürlich mit einer Absicherung, um zu große Abstürze zu vermeiden. Zusätzlich geben sie Struktur, um Sicherheit und Selbstkompetenz zu fördern, trainieren neue Verhaltensweisen und geben der Generation Z Erfahrungswerte mit auf den Weg. Kurzum: einem Menschen, den Arbeitnehmer seiner Persönlichkeit wegen wertschätzen und dem sie fachliche Erfahrung zuschreiben, dem folgen sie. Quasi ein Obi Wan Kenobi.

Das sind alles entscheidende Faktoren. Denn auch das gehört zur jungen Generation: Wenn ihr etwas nicht passt, bewirbt sie sich evtl. ganz schnell weg. Wo wir wieder bei den vielen Auswahlmöglichkeiten wären. Was in diesem Falle die aktuell gute Arbeitsmarktsituation ist.

Alle diese Sachen stellen Unternehmen vor gewisse Herausforderungen. Denn die Anforderungen sind hoch, um die Loyalität zum Arbeitgeber zu festigen. Zum Schluss ist noch zu sagen: Wer permanent auf der Suche nach dem passenderen Match ist, der wird das, was ist, vernachlässigen. Weil er es nicht wertschätzt.