Eine Kundenreise ist mehr als eine Aneinanderreihung von mehr oder minder optimierten Touchpoints – sie muss ein Erlebnis sein, das den Kunden zu einem neuen Menschen transformiert. Doch um das zu ermöglichen, muss man zu allererst lernen, die emotionalen Bedürfnisse seiner Kunden zu erkennen und nachzufühlen.
Auch wenn wir uns beim Kauf gerne als mündige und vernunftgeleitete Akteure auffassen – in den wenigsten Fällen werden wir diesem Anspruch gerecht. Immer wieder liest man, dass 80 bis 90 Prozent aller Kaufentscheidungen rein emotional getroffen werden und erst im Nachhinein eine absolut logische Erklärung zurechtgebogen wird, um den Kauf gegenüber anderen und sich selbst zu rechtfertigen.
Das klingt ein bisschen zynisch, ist aber der Notwendigkeit geschuldet: Um mit der endlosen Flut an Informationen klarzukommen, sind wir regelrecht gezwungen, unser Leben anhand von Geschichten zu strukturieren. Sie definieren, woher wir glauben zu kommen, wer wir glauben zu sein, was wir tun, wie wir es tun und natürlich auch mit wem wir es tun. Geschichten verknüpfen einzelne Informationen so, dass sie auf einer emotionalen Ebene in einem kausalen Zusammenhang stehen. Das mag im Ergebnis zwar faktisch falsch sein, ist für den menschlichen Verstand aber wesentlich bekömmlicher.
»Eine Customer Journey muss eine Geschichte erzählen – und jede Geschichte braucht einen Helden.«
Dennoch: Erst langsam begreifen Anbieter, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Dass zu einem Produkt oder einer Dienstleistung auch eine Geschichte erzählt werden muss, ist ein alter Hut. Dass diese Geschichte sich jedoch nicht nur auf die klassische Werbung beschränken darf, sondern sich auf die gesamte Customer Journey ausdehnen muss, ist für viele noch Neuland. »Eine Customer Journey muss eine Geschichte erzählen – und jede Geschichte braucht einen Helden.«
Entscheidend ist dabei, dass dieser Held der Kunde ist, niemals jedoch der Anbieter selbst. Aus Sicht des Kunden besteht seine oder ihre Reise natürlich nicht aus Touchpoints. Sie gleicht vielmehr der Hero’s Journey, der Kontakt mit dem Unternehmen hat für ihn oder sie keine erhöhte Bedeutung. Die Reise des Kunden beginnt mit dem ersten Aufkeimen eines Begehrens und endet erst dann, wenn ein emotionales Bedürfnis (nachhaltig) befriedigt wurde. Der Kunde ist damit der Held der eigenen Geschichte, der Anbieter spielt darin nur eine Nebenrolle. Es gibt die Marketingweisheit, dass jemand, der einen Bohrer kauft, keinen Bohrer will, sondern ein Loch in der Wand. Dies ist zu kurz gefasst. Man könnte genauso gut sagen: Wer eine Angel kauft, will eigentlich einen Fisch. Stattdessen muss es heißen: Ein Kunde, der einen Bohrer kauft, will in der Lage sein, Löcher zu bohren, genauso wie ein Kunde, der eine Angel kauft, in der Lage sein will, angeln gehen zu können.
»Wer einen Bohrer kauft, befriedigt damit ein emotionales Bedürfnis.«
Diese Unterscheidung scheint auf den ersten Blick trivial, ist aber ungemein wichtig. Denn der Wunsch etwas tun zu können, ist Ausdruck eines größeren emotionalen Bedürfnisses – in diesem Fall dem Bedürfnis nach persönlicher Transformation. Der Kauf ist demnach kein Selbstzweck und dient auch nicht ausschließlich einem konkreten Nutzen, sondern ist nur ein weiterer Punkt auf einer langen Reise.
Ein Anbieter, der nicht nur begreift, was seine Kunden haben wollen, sondern auch, wer sie sein wollen, hat gegenüber seinen Konkurrenten einen unschlagbaren Vorteil, denn er kann sie auf jedem einzelnen Schritt ihrer Reise begleiten, unterstützen und führen. Der Anbieter kann dabei der Mentor sein oder der beste Freund, doch niemals der Held. Die Aussicht auf emotionale Befriedigung ist dabei der stärkste Anreiz, den ein Anbieter einem potenziellen Kunden geben kann. Jedoch: Die Fähigkeit nachzufühlen, welche emotionalen Ziele ein Kunde verfolgt, ist dabei nur der erste von vielen Schritten, möchte man seinen Kunden in einen Helden verwandeln. Denn die wahre Herausforderung liegt darin, die emotionale Reise des Kunden, die Hero’s Journey, mit der Customer Journey aus Anbietersicht in Einklang zu bringen.
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