Seit Dezember 2017 unterstütze ich arsmedium nun schon als Texterin. Und wir sind sehr happy miteinander. Also mache ich mir eigentlich keine Sorgen um meinen Arbeitsplatz.
Eigentlich.
Denn im vergangenen Jahr besuchte ich das Performance Marketing Summit in München – ein Event für Marketingleute aller Branchen, um sich über Marktentwicklungen und Herausforderungen im Bereich Performance auf dem Laufenden zu halten. Ein großes Thema des Events: Wie können Unternehmen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) noch wirtschaftlicher werden? Dabei forderten verschiedene Speaker dazu auf, alle Unternehmensprozesse, die durch KI günstiger werden, auch tatsächlich zu automatisieren. Dazu gehören in erster Linie SEA, Mediaplanung und die Auswertung von Dashboards. Der Versandhändler Zalando entließ erst im März 2018 mehr als 200 Marketing-Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze nun durch künstliche Intelligenz ersetzt werden.
Das gab mir natürlich zu denken: Werde auch ich bald überflüssig, weil eine Maschine meinen Job als Texter genauso gut – oder im schlimmsten Fall sogar noch besser – erledigt?
Next Stop: Weltherrschaft
Mir war bisher gar nicht richtig bewusst, dass KI bereits eine so große Rolle in unserem Leben spielt, dass sie alltäglich von Unternehmen genutzt wird und sogar uns Menschen ersetzen kann. Tatsächlich nutzen wir selbst oft KI, ohne es aktiv wahrzunehmen:
Zum Beispiel im Servicebereich vieler großer Firmen kommt KI zum Einsatz. Hier wird Kunden neben Hotline und Kontaktformular auch immer öfter ein Chat angeboten – ob uns dabei eine reale Person gegenübersitzt, ist jedoch fraglich. Denn Chatbots sind heutzutage so ausgefeilt, dass sie im digitalen Schriftverkehr kaum von einem echten Kundenberater unterschieden werden können. Selbstverständlich sind auch digitale Assistenten wie Alexa und Siri künstliche Intelligenzen, die unsere gesprochenen Worte in Taten und Suchergebnisse umsetzen. Und natürlich entscheidet ein Algorithmus, welche Filme der Streaming-Dienst Netflix uns für den nächsten Filmeabend vorschlägt – und zwar auf Basis unseres bisherigen Sehverhaltens und unserer Bewertungen.
All das war vor 10 Jahren noch unvorstellbar. Auch wenn die Geschichte der künstlichen Intelligenz bereits in den 1950er Jahren mit dem ersten funktionierenden KI-Programm begann, boomt der wissenschaftliche Fortschritt erst seit einigen Jahren. Denn in den 2010ern entwickelte sich kommerzielles Interesse an den intelligenten Maschinen, was den Weg hinaus aus dem Labor und mitten hinein in große IT-Konzerne wie IBM, Google oder Microsoft ermöglichte.
Eine Tochterfirma von Google entwickelte beispielsweise die KI »AlphaZero«, die im Jahr 2017 innerhalb von nur 4 Stunden Schach spielen lernte. Und zwar so gut, dass sie nicht nur die Schach-Koryphäen der Welt, sondern auch ihren Vorgänger besiegte. Zuvor mussten Wissenschaftler ihren KIs alle möglichen Schachzüge und die passenden Gegenzüge einzeln beibringen – »AlphaZero« hingegen bekam nur die Schach-Regeln und lernte selbstständig, indem sie immer wieder gegen sich selbst antrat.
Mit dem Forschungsfortschritt und der verstärkten medialen Präsenz wuchsen aber nicht nur die wissenschaftlichen Ressourcen, die zur Weiterentwicklung von KI aufgewendet wurden, sondern auch das gesellschaftliche Interesse. Dabei betrachteten die meisten Menschen das Thema KI allerdings mit einer gehörigen Portion Ehrfurcht.
Denn was könnte in Zukunft alles passieren, wenn KIs in der Lage sind, selbstständig zu lernen? Werden sie irgendwann die Weltherrschaft übernehmen und uns versklaven?
Auch, wenn 41 % der Deutschen genau das laut einer aktuellen Studie denken: Nein, ganz bestimmt nicht. Zumindest nicht in naher Zukunft. Denn künstliche Intelligenzen können zwar zum Experten eines bestimmten Bereichs (wie z. B. Schach spielen) werden, schneiden in herkömmlichen IQ-Tests allerdings eher schlecht ab.
Zum Vergleich: Der Google Sprachassistent, der anderen KI-Programmen deutlich überlegen ist, liegt beim IQ-Test noch unter den Ergebnissen eines durchschnittlichen 6-jährigen Kindes.
Die vielen Talente der KI (oder auch nicht)
Künstliche Intelligenzen besitzen analytische Fähigkeiten, ihr Handeln basiert auf Berechnungen und Algorithmen. Dazu gehört zum Beispiel das Erkennen von Regeln oder wiederkehrenden Elementen, das Finden einer passenden Reaktion auf eine bestimmte Aktion oder die Auswertung von Datensätzen. Aber können KIs auch kreativ arbeiten und die Fähigkeiten eines Drehbuchautors, Komponisten oder eben Werbetexters erlernen?
Tatsächlich gibt es bereits Musik, die von künstlichen Intelligenzen geschaffen wurde. Die amerikanische Sängerin Taryn Southern steuerte zu ihrem 2017 erschienenen Song »Break Free« lediglich Text und Gesang bei – alles andere stammt von einer KI.
So erstaunlich das auch klingen mag, der Hintergrund ist auch hier mehr analytisch als kreativ: Denn das Programm scannte einfach eine Menge Datensätze bekannter Pop-Musik, um Ähnlichkeiten im Aufbau zu erkennen, herauszufiltern und ein ähnliches, aber dennoch neues Stück zu erstellen.
Natürlich haben inzwischen auch einige neugierige Köpfe versucht, Bücher oder Drehbücher mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zu schreiben. 2016 erschuf die KI von Ross Goodwin und Oscar Sharp das Drehbuch zu einem Kurzfilm namens »Sunspring«. Das Programm hatte gelernt zu schreiben, indem es bekannte Science-Fiction-Drehbücher analysierte und anschließend etwas (seiner Analyse zufolge) Ähnliches produzierte. Das Ergebnis ist allerdings eher schräg als beeindruckend:
Im Sommer 2017 versuchte der Programmierer Zack Thoutt, das lang ersehnte sechste Game of Thrones (GoT) Buch von einer KI schreiben zu lassen. Das Programm eignete sich durch das Lesen der ersten fünf Bücher zwar Stil und Ausdrucksweise des echten GoT-Autoren George R. R. Martin an, konnte die Geschichte aber nicht zusammenhängend weiterspinnen – wie man hier selbst nachlesen kann.
Das Fazit
So spannend und fortschrittlich die modernen Computer-Programme auch sein mögen – da ist noch deutlich Luft nach oben. Künstliche Intelligenzen können zwar unsere Sprache analysieren, Worte oder Schemata identifizieren und diese in ähnlichen Kombinationen zusammenwürfeln – sie sind aber noch nicht in der Lage, ein sinnvolles Skript mit klarem, rotem Faden zu produzieren. Das zeigt sich dann zum Beispiel durch falsche Grammatik, seltsame Regieanweisungen oder fehlende Zusammenhänge.
Für mich ist das Fazit also klar: Bestimmt könnte eine Maschine Keywords und Buzzwords auf Basis von Datenanalysen erkennen und aneinanderreihen. Aber die Entwicklung eines emotionalen Storytellings, das User in seinen Bann zieht und aktiviert, werden Computer mir in den nächsten Jahren bestimmt nicht streitig machen. Hoch lebe die Kreativität!