Wer als Kreativer mit gewohnt offenen Augen durch die Internetwelt geht, hat es schwer: zu viele Informationen, zu wenig Zeit. Der neue Artikel von Brad Frost in der Straßenbahn, kurz nach der Mittagspause noch ein Interview auf Medium. Das Meeting wartet.
Und die Überschriften klingen sowieso immer gleich:
- 15 Must-Reads für jeden UX-Designer
- Why designer need marketing skills
- Predicting the future of Facebook
- How daily yoga changed my thinking about advertising
- Die besten Digital-Kampagnen 2015
- How to deal with distraction
Moment, distraction? Da war doch was. Denn Ablenkung lauert an jeder Ecke des Webs. Sekündlich erscheint neuer Content auf den Twitterfeeds, Blogs und Magazinen dieser Welt. Und stiehlt uns im Gegenzug die Zeit.
Bis heute gilt für viele Web-Konsumenten das Lesezeichen als Retter in der Zeitnot. Schnell angelegt, genauso schnell wieder vergessen. Und die Browserleiste wird zum Friedhof ungelesener Inhalte, die von neuen, noch spannenderen beerbt werden. Ein Teufelskreis.
Wer Inspiration und Wissen sammeln will, ohne komplett die Nerven zu verlieren, muss sich also organisieren. In der Beschaffung und in der Ablage. Schwierig? Für mich nicht mehr, seit ich die Read-Later-App Pocket entdeckt habe.
Pocket speichert Links in die Cloud und macht sie auf allen Geräten zugänglich. Legt man also unterwegs einen Artikel oder ein Video ab, kann man ihn zuhause auf der Couch weiterlesen. Egal, ob auf dem Tablet oder Laptop. Wurde ein Artikel gelesen, kann man ihn mit Tags versehen, archivieren und wiederfinden. Ein Traum.
Allerdings kann selbst der beste Read-later-Service schnell wieder vernachlässigt werden. Praktische Apps sind die eine Sache, Gewohnheit die andere. Deshalb ist es ratsam, sein Leseverhalten zu organisieren. Heißt: Ein bis zwei Stunden pro Woche werden zum Lesen gesammelter Links reserviert. Man verliert nichts aus den Augen, kann die Links »abarbeiten« wie eine To-do-Liste und sich zur Belohnung einen Keks gönnen. Oder einen gedeckten Apfelkuchen mit extra Sahne.
Doch bei all dem erzwungenen Inspirations- und Weiterbildungswahn: Es tut gut, auch mal nichts über Arbeit zu lesen. Neben all den täglichen Themen und Buzzwords schadet es überhaupt nicht, stattdessen zu erfahren, warum wir eigentlich träumen. Oder warum dieses verdammte Kleid sowohl gold als auch blau sein kann. Denn erst die Mischung im Pocket-Feed macht das Ganze interessant. Und hilft garantiert beim nächsten Um-die-Ecke-denken.