»When will we start to Work Out Loud?«

ZUR ÜBERSICHT

Working Out Loud? Wie funktioniert das? Und was steckt überhaupt dahinter?

Als ich zum ersten Mal von Working Out Loud hörte, fragte ich mich, ob es darum geht, so laut wie möglich zu arbeiten und bestmöglich auf sich selbst aufmerksam zu machen? – Mit meinen ersten Vermutungen lag ich ziemlich falsch.

Bereits 2010 hat Bryce Williams den Begriff »Working Out Loud« (WOL) in seinem Blog »When will we Work Out Loud? Soon!« mit folgender Gleichung beschrieben: »Working Out Loud = Observable Work + Narrating Your Work«. Bei Working Out Loud geht es demnach darum, die eigene Arbeit sichtbar zu machen und mittels Blogs oder sozialer Medien darüber zu berichten.

Es braucht dafür eine Änderung des Mindset von »Wissen ist Macht« zu »Wissen teilen ist mächtiger«.

John Stepper entwickelte diesen Gedanken weiter und veröffentlichte 2015 das Buch »Working Out Loud: For a better career and life.« Dort stellte er diese Methode vor. Im Kern handelt es sich um Praktiken und Übungen, die dabei helfen, relevante Beziehungen aufzubauen und ein Ziel zu erreichen oder neue Themen zu entdecken.

Um das Prinzip von Working Out Loud zu verstehen, werden die fünf Kernelemente des Ansatzes von John Stepper betrachtet:

Relationships

Wir pflegen den Austausch mit anderen. Dabei geht es darum, Großzügigkeit, Offenheit, Verantwortlichkeit und Intimität als Verhaltensgrundlage im Umgang mit anderen zu verstehen, um nachhaltige Beziehungen aufzubauen, die einem auch in Zukunft helfen können.

Generosity

Es geht darum, Wissen zu teilen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Durch diese Freigebigkeit wird die Basis für die Vernetzung aufgebaut.

Visible work

Die eigene Arbeit dient nicht zur reinen Selbstdarstellung. Sie wird als wertvoller Beitrag für das Netzwerk zugänglich gemacht, wodurch die eigene Wirkung und Reichweite erhöht wird.

Purposeful discovery

Es wird ein individuelles Ziel ausgewählt. Dies kann beispielsweise der Erwerb von neuem Wissen oder einer bestimmten Fähigkeit sein. Durch das Festlegen eines persönlichen Fokus können die Aktivitäten darauf ausgerichtet werden. Durch das Netzwerk, gegenseitiges Feedback, neue Blickwinkel kommt man seinem individuellen Ziel immer näher.

A growth mindset

Es ist notwendig, immer offen und neugierig an die Dinge heranzugehen, um so viele Möglichkeiten zu entdecken, die eine:n dem Ziel näher bringen.

Das zentrale Element ist dabei der Working Out Loud Circle. Dieser dient dazu, die Ideen umzusetzen und Gewohnheiten und das entsprechende Mindset zu entwickeln.

Das Prinzip dahinter: Es treffen sich 4 bis 5 Personen, 1 Stunde pro Woche, 12 Wochen lang. Das Ganze kann persönlich oder virtuell stattfinden, so kann ein Austausch auch über Ortsgrenzen hinweg entstehen. Jede:r legt sein:ihr individuelles Ziel fest, das für eine:n selbst wichtig ist. Das Ziel kann beruflich oder privat sein. Wichtig ist dabei nur, dass das Ziel in den 12 Wochen weiterentwickelt werden kann. Im Rahmen der WOL Circles werden die sogenannten Circle Guides – kostenlose Anleitungen und Aufgabestellungen für die einzelnen Treffen – herangezogen. Jede Woche steht dabei unter einem anderen Leitgedanken. Durch dieses geführte Programm werden verschiedene Übungen durchlaufen, die Schritt für Schritt Praktiken für eine offene und vernetzte Zusammenarbeit aufzeigen, einen Austausch ermöglichen und somit vom gegenseitigen Wissen profitiert werden kann. Ganz nach dem Prinzip »Learning by Doing« werden neue Verhaltensweisen aufgebaut und neue Techniken erlernt.

Wichtig ist, dass es keine Sieger, keinen Vergleich, kein Richtig oder Falsch gibt. Der Circle soll dazu dienen, den:die Einzelne:n bei seinem:ihrem Ziel zu unterstützen. Es geht darum, sich gegenseitig Mut zu machen und sich gegenseitig zu helfen. Vertrauen ist somit das wichtigste Element eines erfolgreichen Circles.

Durch diese Methode können viele positive Effekte erzielt werden. Man ist effektiver, da man den Zugang zu mehr Menschen, Wissen und Möglichkeiten hat, die einem bei der Zielerreichung helfen können. Man erhält durch das größere Netzwerk mit sinnvollen Beziehungen ein besseres Gefühl, da man auf die unterschiedlichsten Kompetenzen und Verbindungen zurückgreifen kann. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit erfährt man auch mehr darüber, was man selbst eigentlich will und was man zu bieten hat, da sich intensiv über die Themen ausgetauscht wird und durch die Kommunikation mit anderen neue Perspektiven und Blickwinkel aufgezeigt werden.

WOL in Unternehmen

Aber nicht nur für jede:n Einzelne:n von uns kann das Konzept von Working Out Loud interessant sein, sondern auch in Unternehmen ist dieser Ansatz von großer Bedeutung. Die Digitalisierung stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Es muss dabei verstanden werden, dass die digitale Transformation mehr ein Kulturthema als ein reines Technikthema ist. Um Change-Prozesse im Unternehmen umsetzen zu können, sind Aspekte wie Sinn, Mitbestimmung, Kompetenzen und Vernetzung unerlässlich. Dafür benötigt jedes Unternehmen, das entsprechende Mind-, Skill- und Toolset. Denn in der heutigen Arbeitswelt ist neues Denken und Arbeiten auch über Abteilungsgrenzen hinweg gefragt.

Ohne Netzwerken und Kollaboration kann keine Innovation entstehen. Ohne Wissenstransfer bleibt das Silo-Denken bestehen. Die Mitarbeitenden brauchen eine Vernetzungskompetenz und Working Out Loud liefert die Werkzeuge. Dabei ist das Ziel, eine wirkliche Verhaltensänderung herbeizurufen, um die täglichen Gewohnheiten zu verändern. Die Komfortzone kann nur mit der richtigen Einstellung verlassen werden. Es braucht Mut und Disziplin, um von den starren Gewohnheiten wegzukommen. Daher ist das richtige »Growth Mindset«, also eine positive und aufgeschlossene Haltung, die zentrale Voraussetzung für WOL. Durch den Einsatz von Working Out Loud wird die Arbeit sichtbarer, effektiver und erfüllender. Die Menschen arbeiten dadurch meist selbstorganisierter und vernetzter, da sie neue Verhaltensweisen verinnerlichen und die Fähigkeiten virtueller Zusammenarbeit verbessern. Das alles führt zu einer Änderung der Kultur im Unternehmen: Sie wird agiler und gemeinschaftlicher.

Working Out Loud kann die unterschiedlichsten Prozesse mit einem wertvollen Beitrag bereichern. Beispielsweise können in Onboarding-Prozessen die neuen Mitarbeitenden andere Kolleg:innen kennenlernen und den gemeinsamen Austausch fördern. Hinzu kommt die Entwicklung der Führungskräfte und der Mitarbeitenden, das Vorantreiben von Themen wie Diversity und Innovationsentwicklung. Denn durch diesen Austausch entstehen neue Ideen und Inspiration.

Und nun steht die Frage im Raum »When will we start to Work Out Loud?«