STRATEGIE

Über die Zukunft des Buches

ZUR ÜBERSICHT

Als Amazon im Jahr 2007 die erste Generation des Kindles vorstellte, ging ein Raunen durch die Bücherwelt, teilweise war sogar vom letzten Stündlein des gedruckten Buches die Rede. Es schien sich zunächst zu bewahrheiten, denn 2010 schaffte Amazon es tatsächlich, mehr eBooks als gebundene Bücher zu verkaufen. Auch heute erfreuen sich digitale Bücher großer Beliebtheit und so verwundert es nicht, dass Amazons Kindle (aktuell in der Version Paperwhite) nach wie vor zu den fünf erfolgreichsten und meist verkauften elektronischen Geräten bei Amazon gehört (Stand: Dezember 2015). Steht es für das gedruckte Buch tatsächlich so schlecht? Ist die Konkurrenz an digitalen Büchern in Form von eBooks und Ähnlichem so groß geworden, dass sie die gedruckten Varianten nach und nach verdrängen? Zeit für eine Bestandsaufnahme und Überlegungen, wie die Zukunft des Buches im digitalen Zeitalter aussehen könnte.

Das gedruckte Buch

Entgegen dem oben beschriebenen Szenario sind gedruckte Bücher immer noch sehr beliebt. Sie sind nach wie vor Standardgeschenke bei Geburtstagen oder zu Weihnachten und es gibt viele Leute, die lieber ein gebundenes Buch wollen, als eines auf einem elektronischen Gerät zu lesen. Die Vorteile liegen im wahrsten Sinne des Wortes auf der Hand: Das Öffnen des Buches und das Umblättern von Seiten bietet ein haptisches Vergnügen. Viele Bücher sind wunderschön gedruckt mit Buchrücken, Farbabbildungen und unterschiedlichen Schriftvariationen – wer erinnert sich nicht gerne an die gedruckte Buchausgabe von »Die unendliche Geschichte«, in der die zwei literarischen Welten in jeweils einer anderen Farbe gedruckt sind? Und sind wir doch mal ehrlich: Wer ist nicht hin und wieder stolz auf seine Herr der Ringe-, Harry Potter- oder Terry Pratchett-Bände im Regal, die dort einiges hermachen – auch Jahrzehnte oder halbe Jahrhunderte später noch (Zeiträume, die man sich im schnelllebigen digitalen Zeitalter kaum noch vorstellen kann)? Auf der anderen Seite ist gerade dieser Platz, den Bücher einnehmen, auch die Schwachstelle des gedruckten Buches. Wer gerne liest und über die Jahre viele Bücher in seinen Räumen anhäuft, steht immer wieder vor der Herausforderung, Bücher auszurangieren oder auszulagern, da man schlicht nicht alle Bücher in seinen Wohnräumen haben kann oder haben möchte. Spätestens beim Umzug sind wir alle froh, wenn wir so wenige Bücher wie möglich haben.

 

ZukunftdesBuches1 Quelle: Pixabay.com

 

Das eBook

Gerade bei jüngeren Leuten scheint sich daher in den vergangenen Jahren der Trend in Richtung elektronische Bücher zu entwickeln. Speziell Bücher, die in erster Linie viel Text bieten, sind beliebt auf eBook-Readern, Tablets, Smartphones oder dem Laptop, da sich Hunderte von ihnen speichern lassen. Viele sehen gerade hier einen wichtigen Grund, zu eBooks zu greifen, denn wer viel unterwegs ist, möchte ungerne dicke Schmöker mit sich herumtragen – hier geht es in erster Linie ums Lesen und weniger um etwas zum Anschauen oder Fühlen.

Da die gängigen Lesewerkzeuge für elektronische Bücher meist über Internetanschluss verfügen, kann man sich schnell neue Bücher herunterladen und sofort lesen – auch eine nicht zu verachtende Stärke der digitalen Bücher.

Ein Nachteil von eBooks ist natürlich die Abhängigkeit von elektronischen Medien. Gerade Smartphones und Tablets müssen bei regelmäßiger Nutzung alle paar Tage an eine Stromquelle. Das kann zum Problem werden, wenn man auf Reisen ist und nicht überall eine Steckdose zur Verfügung hat. eBook-Reader haben da den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer Displaybeschaffenheit weniger Strom verbrauchen und der Akku teilweise länger als eine Woche halten kann.

Ein weiteres Problem liegt beim Umgang mit dem Verleih und Verkauf von digitalen Büchern. Während man ein gedrucktes Buch beliebig verleihen, verschenken oder verkaufen kann, sind eBooks meistens kopiergeschützt und an einen Nutzeraccount gebunden – eine Weitergabe damit so gut wie unmöglich.

Alles in allem scheint der Hype um eBooks tatsächlich mittlerweile etwas abgeflacht zu sein. Im Jahre 2015 gab es kaum noch Steigerungen beim Verkauf von eBook-Readern, vereinzelt treten sogar Meldungen auf, dass eBooks langsam vor dem Ende stehen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass natürlich wie bei vielen elektronischen Geräten mit der Zeit eine Sättigung erreicht wird.

 

Elektronische Bücher sind bei jüngeren Leuten sehr beliebt. Quelle: Pixabay.com

 

Wohin die Reise gehen kann

Neben den eBooks, die man mit eBook-Reader oder mit eBook-Apps auf Tablets oder Smartphones lesen kann, gibt es mittlerweile eine Reihe an Apps, die zeigen, wie sich das Medium Buch im digitalen Zeitalter weiterentwickeln kann.

iPoe

Die App iPoe ist nicht bloß eine digitale Sammlung der Bücher Edgar Allen Poes; sie erweitert ein eBook um eine Reihe von interaktiven Elementen und bietet zudem noch stimmungsvolle Hintergrundmusik, die auf die gerade angezeigte Seite abgestimmt ist. Manchmal ist ein Teil des Bildschirms abgedunkelt und man muss mit dem Finger eine Art Lichtstrahl erzeugen, mit dem man den Text lesen kann. Ein anderes Mal liegt ein Bild auf dem Text, welches man erst wegschieben muss, um den Text lesen zu können. Cineastische Schockeffekte beim Umblättern und dramaturgisch geschickt eingesetzte Musik machen daraus ein interaktives Vergnügen, wie es kein normales eBook und erst Recht kein gedrucktes Buch schaffen würde.

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Screenshots aus der App iPoe

Conundrum

Bei der App Conundrum handelt es sich streng genommen um einen interaktiven Comic. Die einzelnen Bilder setzen sich per Tap auf dem Bildschirm zusammen und werden durch Animationen ergänzt, im Hintergrund läuft passende Musik. Geblättert wird durch Druck auf den rechten oder linken Bildschirmrand. Die interaktiven Elemente sind nicht so spannungsvoll eingesetzt wie bei iPoe, dennoch bietet auch Conundrum einen Mehrwert, der über normale (Comic-)Bücher hinausgeht.

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Screenshots aus der App Conundrum

Das gedruckte Buch ist also noch lange nicht am Ende, ebenso wenig das eBook. Beide scheinen vielmehr Grundlagen für neue Buchmedien zu schaffen, die normale Bücher um zahlreiche multimediale und interaktive Inhalte erweitern. Vor allem die Kombination mit Musik, Soundeffekten oder Animationen ist eine sinnvolle Ergänzung und vereint eBooks mit Hörbüchern oder Filmen. Darüber hinaus bringen Interaktionsmöglichkeiten spielerische Elemente mit ein und motivieren auf eine andere Art, das Buch zu lesen.

Dies sind nur wenige Beispiele, wie die Zukunft der Bücher aussehen kann. Alles in allem bleibt es also sehr spannend, wie das Buch weiter entwickelt wird, um den Buchmarkt und damit das Lesevergnügen zu erweitern.